Die Grundmühle in der Kamnitzklamm

Wenn man heutzutage die markierten Wanderwege von Vysoka Lipa (Hohenleipa), Jetrichovice (Dittersbach), Srbska Kamenice (Windisch-Kamnitz) oder Kamenicka Stran (Kamnitzleiten) zur Kamnitzklamm hinabsteigt, kommt man in einer kleinen Talweitung an die Ufer der Kamnitz (Kamenice). Am flußabwärts gelegenen Ende dieser Talweitung erblickt man am südlichen Bachufer die Ruine einer alten Mühle und außerdem die noch bescheideneren Reste einiger Nebengebäude. Noch vor 60 Jahren war diese Mühle ein Ort der Gastlichkeit und ein beliebtes Touristenziel mit einer langen Tradition und Geschichte.

Die Lage der Grundmühle

Die Geschichte der Grundmühle reicht in die Zeit der Besiedelung des nordböhmischen Raumes durch deutsche Kolonisten im 13. oder 14. Jh. zurück. Am 15. Juli 1515 wird sie erstmalig in einem Kaufvertrag des Hans von Salhausen als Bestandteil der Herrschaft Scharfenstein urkundlich erwähnt. Erste Zinsmüller waren Andreas Schöbel und Christov Seidel. Beide gehörten als Bürger der Gemeinde Herrnskretschen an, denn zu jener Zeit reichte dieser Ort bis zur Grundmühle. Seit 1584 gehörte sie zum Gute Bensen-Niederes Schloß und kam 1653 zur Herrschaft Binsdorf. Die Bauern der Umgebung mußten zu jener Zeit stets bereit sein, Braugerste zu und von der Mühle zu fahren, auch bei der eigenen Erntezeit. Die Besitzveränderungen der Mühle kamen immer nur mit Auflagen zustande. So bestand die Herrschaft auf dem Recht der Flößerei auf der „Felsenstraße”, wie der Bachlauf auch genannt wurde. Das ging soweit, daß der Mahlbetrieb für bestimmte Zeiten, während der das Holz geflößt wurde, stillstehen mußte.

Das für das Flößen auf der Elbe vorgesehene Holz wurde am Holzplatz vor dem späteren Hotel Hetschel in Herrnskretschen gelagert. In die Floßzeiten teilten sich die Herrschaften Bensen, Binsdorf und Kamnitz in die Benutzung des Wasserlaufes. Am 2.August 1530 schloß Friedrich von Salhausen auf Bensen mit dem Herzog von Sachsen einen Vertrag wegen ungehinderter Flößerei auf der Elbe.

Am 10.September 1696 verkaufte das herrschaftliche Amt Binsdorf die Grundmühle für 300 Reichstaler an Johann Christoph Pohl. Der Herrschaftsbesitzer, Reichsgraf Johann Georg von Clary-Aldringen, hatte seinen Hauptbesitz in Teplitz, wo er auch wohnte. Ihm gehörte aber auch die Herrschaft Binsdorf mit einem Teil der Stadt Bensen.

Der Türsturz von 1727

Schon vor dem Kauf wurde Balthasar Pohl als Herrschaftsmüller genannt und wohl deshalb dürfte er den Kaufzuschlag bekommen haben. Mit diesem Eigentumswechsel änderte sich vieles. Gewiß waren noch Floßrechte vorbehalten, aber die Pflicht der Rosendorfer Bauern ihr Getreide zur Schloßmühle Tetschen fahren zu müssen, die Binsdorfer, Arnsdorfer und Jonsdorfer zur Herrnskretschner Mühle, das hörte mit dem Mühlenvertrag von 1786 auf. Der 1945 noch stehende Gebäudekomplex der Grundmühle war 1727 neu gebaut worden (Jahreszahl am heute noch vorhandenen Türsturz der Mühlenruine). 1814 kam eine Branntweinbrennerei dazu und auch eine Bäckerei wurde eingerichtet. Der Weg von Kamnitzleiten zur Grundmühle wurde auf Veranlassung der Herrschaft im Jahr 1834 durch den Grundmüller in eine Fahrstraße verwandelt.

Die einst neben der Grundmühle befindliche Gärtnerwirtschaft wurde urkundlich erstmalig 1595 erwähnt. Dieses Anwesen (Kamnitzleiten Nr. 44) befand sich ab 1683 bis ebenfalls ins 20. Jahrhundert in den Händen einer Familie Richter.

Schaller gibt 1787 die Zahl der Häuser in der Grundmühle mit 4 an. Sommer (1833) zählt 24 Einwohner in 3 Häusern, und zwar 1 Mahlmühle, 1 Branntweinbrennerei und ein „Chaluppengütchen” (Gärtnerwirtschaft), letzteres zur Herrschaft Kamnitz gehörig. Im 19. Jahrhundert wurde in der Grundmühle Wagenpech erzeugt. Kamnitzleiten und Grundmühle lagen an dem mittelalterlichen Verkehrsweg der „Böhmerstraße” von Tetschen nach Bautzen.

Die Grundmühle um 1910 (von Norden)

Von 1845-1853 war auch eine Abteilung der österreichischen Finanzwache in den Gebäuden untergebracht, damals wurden weitere bauliche Veränderungen vorgenommen.

Die Kahnfahrt zur Grundmühle um 1885 (an der Grundbrücke)

1881 schon richtete Franz Fiedler zwischen Nieder-Windischkamnitz und der Grundmühle eine Kahnfahrt in talwärtiger Richtung ein, die nach dem Herrschaftsbesitzer Fürst Ferdinand Kinsky den Namen Ferdinandsklamm erhielt. Der Beginn der Kahnfahrt war etwa an der Stelle, wo der Kreibitzbach in die Kamnitz mündet. Da die Kahnfahrt im Gegensatz zur Wilden Klamm und Edmundsklamm im weitgehend naturbelassenen Fluß stattfand, mußten die Kähne stromauf leer zurückgeschleppt werden. Seit 1888 besaß die Grundmühle das Schankrecht. In den 30er und 40er Jahren unseres Jahrhunderts war in der Grundmühle nur noch die Gaststätte in Betrieb, die im Sommer sehr gut von Sommerfrischlern (Urlaubern) und auch Einheimischen besucht wurde. Mit Beginn des 2.Weltkrieges wurde die Kahnfahrt eingestellt. Die letzten Wirtsleute waren die Familie Sommer.

Ankunft eines Kahnes am Wehr der Grundmühle (um 1890)

Die Familie Pohl war von 1696 bis zur Vertreibung Eigentümer der Grundmühle. Der letzte Müller war Franz Pohl, verehelicht mit Emilie Seidel (*1862) aus Rosendorf. Der Ehe entstammten zwei Söhne und drei Töchter. Die Söhne lebten in Rosendorf, ihre Schwestern dürften in der Grundmühle gelebt haben. Marie Dinnebier, geb. Pohl (*1883) war Erbin des Grundmüllers. Von ihr ging der Besitz an ihre Tochter Emma Wenzel (*1927) über. Sie war die letzte Grundmühlen-Besitzerin.

Die Grundmühle in den 30iger Jahren (von Norden)

Der Weiler Grundmühle wurde bis 1872 zur Gemeinde Herrnskretschen gerechnet, dann zur Gemeinde Kamnitzleiten, die Mühle selbst wahrscheinlich später zu Hohenleipa. Postalisch wurde die Mühle über das Postamt Rosendorf versorgt.

Die Grundmühle heute (von Norden)

Nach der Vertreibung der einheimischen Bevölkerung in den Jahren nach dem 2.Weltkrieg genügten wenige Jahre zur fortschreitenden Zerstörung von einigen Jahrhunderten menschlicher. Tätigkeit.

Die Grundmühle heute (von Süden)

Die heute trostlose Ruine erinnert nur noch wenig an die einstige Betriebsamkeit. Beim heute zerfallenden Wehr war einst eine Fußgänger-Brücke. Das Wasser stürzte dort hinab und der Wasserstaub fiel feucht hernieder. An der Stirnseite der Mühle drehte sich das im Durchmesser vier Meter messende Mühlenrad und klapperte regelmäßig vor sich hin. Daneben stiegen aus den Booten der Ferdinandsklamm zufriedene Menschen und freuten sich an dem einstigen Kleinod der Böhmischen Schweiz.


Quellen:

1) A.Herr, Heimatkreis Tetschen-Bodenbach, Nördlingen, 1993

2) E.Neder in: MNExKl 34 (1911) 128-134)

3) E.Schubert, Heimat Rosendorf, Laufen 1993, 76-78)


zurück



letzte Aktualisierung am 5.3.99