Die Königsmühle im Oberen Krippenbachtal
Nordnordwestlich von Maxdorf (Maxicky) in Böhmen befindet sich unweit der Grenze zu
Sachsen mitten im Wald ein kleiner Stausee, der Krummstellungsteich oder Königsteich (mlynsky rybnik). Wenige Meter
nördlich des Teiches kann man noch heute die Reste der Grundmauern einer einst rege besuchten
Mühle mit Gastwirtschaft finden. Zur Geschichte dieser Mühle ist in A.Meiches Mühlenbuch
folgendes zu finden:
Die Lage Königsmühle nordwestl. Maxdorf in Böhmen
Schon Matthias Oeder hat die Königsmühle in seiner Karte als Brettmühle eingetragen. Die
Entstehung der Mühle fällt also in das 16.Jahrhundert. Als nämlich in jener Zeit das Holz einen
höheren Wert zu erlangen anfing, wurden in dieser Gegend zu den vorhandenen wenigen Mühlen
viele neue gebaut. Es heißt, daß besonders Günther von Bünau viele Brettmühlen anlegte und die
Bretter ins Ausland verkaufte. Die Königsmühle bestand als Brettsäge schon im Jahre 1577.
Aller Wahrscheinlichkeit nach ist sie von Rudolf, Ritter von Bünau, errichtet worden, der im Jahre
1534 das Schloß Tetschen mit seinen riesigen Besitzungen käuflich erworben hatte, oder von
dessen Sohne, Heinrich dem Älteren (1541-1614).
Die Königsmühle in Böhmen vor 1894
Die Böhmen fühlten sich damals als Angehörige eines Königsreiches und bekundeten diesen Stolz in der
Benennung vieler Ortschaften. Königgrätz und Königswald bei Bodenbach verdanken diesem Umstande ihre
Namen, wie auch der Name Königsmühle auf diese Weise zu erklären ist. Wird doch der Krippenbach selbst von
der Quelle bis zur Landesgrenze von den dortigen Bewohnern der Königsbach und seine Quelle der Königsquell
genannt, und der östlich der Maxdorfer Straße gelegene Hang ist auf der Karte als Königsleite bezeichnet. Nach
einer anderen Lesart habe die Mühle ihren Namen davon, „daß einst auf einer Jagd ein böhmischer König in ihrer
Nähe das Jagdfrühstück eingenommen hat”. Ursprünglich hieß der Standort der Königsmühle die
Krummstellige, wie ja heute noch der südlich von ihr liegende Weiher Krummstellungsteich genannt wird. ,,In
Krummstellung oder Krummstellige lebt der Name einer aus zwei Gehöften mit Brettsäge bestehenden, 1632
durch die Kriegswirren vernichteten uralten Waldansiedlung weiter”. Professor Meiche findet in dieser alten
Ortsbezeichnung einen Hinweis auf die auch in dieser Gegend einst sehr üblich gewesene Vogelstellerei.
Im Jahre 1612 war ein Jacob Beier Brettschneider auf der Königsmühle. Jahrhunderte hindurch
hatte das Kreischen der Säge das Schweigen im Walde" gestört. Seit 1872 ist es verstummt;
nur ab und zu hat man noch dort besonders starke Bäume, die schwer vom Platze zu schaffen
waren, geschnitten. 1894 hat man das sicherlich baufällig gewordene Gebäude abgetragen. Aber
noch stehen im Schutze der alten, mit ihren gedrungenen Ästen weit ausladenden Kastanien das
schlichte Hegerhaus und die kleine Scheune daneben.
Die Königsmühle in Böhmen vor 1927
Durch das Blattmosaik der prächtigen
Laubbäume malt die Sonne ihre goldigen Kringel auf das bemooste Schindeldach des einsamen
Waldhauses, das in den Jahren 1826/27 von dem Grafen Franz Anton von Thun erbaut worden
ist, mithin dieses Jahr sein hundertjähriges Jubiläum feiern kann. In dem Hause wohnt der Graf
Thunsche Waldheger; er hat Wald und Wild des ausgedehnten Reviers zu betreuen. Noch vor
Jahren traten die Hirsche zur Fütterung aus dem nahen Walde auf die Wiese vor der Mühle", und
in schneereichen Wintern kam das hungrige Wild selbst bis vor die niedrige Türe des
Hegerhauses. Nebenbei gewährt der biedere Waldhüter dem Wanderer unter seinem gastlichen
Dache Schutz und Labung, denn seit einer Reihe von Jahren wird die Königsmühle immer mehr
von Touristen, die die Einsamkeit lieben und auf verschwiegenen Waldpfaden mit Mutter Natur
Zwiesprach pflegen, aufgesucht. In den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts war ein
gewisser Strache hier als Heger tätig. 1895 löste ihn der alte Martan ab, der die Konzession zum
Schankbetrieb erhielt. Der jetzige Heger ist Herr Wilhelm Martan, der seinem Vater 1913 im
Hegerdienste gefolgt ist und den Schankbetrieb zu heben sucht.
Die Königsmühle in Böhmen vor 1918
Der Gebirgsverein hat die
radienförmig hier einmündenden Wege farbig markiert und so den Verkehr in diesem
weltabgeschiedenen Erdenwinkel gehoben. Besonders Sonntags trifft man in dem anheimelnden
Gastzimmer, von dessen meterdicken Wänden allerlei Geweihe und bunte Jagdbilder herabgrüßen,
immer einige wanderfrohe Waldgänger.
Das obere Stockwerk der Königsmühle barg früher die Wohnräume, die Graf Thun während
seines Jagdaufenthaltes bezog. Als aber 1916 die reichsdeutschen Landsturmtruppen zur
Grenzsperre auch dieses Waldgebiet belegten, mußten die gräflichen Jagdzimmer geräumt
werden, um als nüchterne Wachtlokale zu dienen. Nach Kriegsende jedoch wurden diese
Räumlichkeiten nicht wieder ihrer ursprünglichen Bestimmung überwiesen, sie blieben
Arbeitsräume für die Waldarbeiter. Und sucht der gräfliche Jagdherr heute sein Revier auf, so
bringt ihn das Auto zur Königsmühle und nach kurzem Tagesaufenthalt wieder zurück auf sein
Schloß, drunten im Elbtal.
Reichlich 350 Jahre umfaßt die Geschichte der Königsmühle. In dieser jahrhundertlangen
Spanne haben sich nicht nur die Zeiten geändert, sondern auch die Verhältnisse gewandelt und mit
ihnen auch das Schicksal der Königsmühle: ursprünglich eine Brettschneidemühle, dann ein
Hegerhaus und heute eine in der Touristenwelt allgemein beliebte Gaststätte.
Die vom Gebirgsverein angebrachte blaue Wegemarkierung führt nordwärts nach Sachsen,
nach kurzem Abwege wieder in das stille Tal des Krippenbaches, dessen flinkes Wasser in
früheren Jahrhunderten auch in diesem Teile seines Laufes zwei Brettschneidemühlen getrieben
hat.
(aus: A.Meiche, Ein Mühlenbuch, Dresden 1927, 214-217)
Es bleibt noch anzumerken, daß das Ende des 2.Weltkrieges wie für viele einst oft besuchte
Gasthöfe in Böhmen auch das Ende der Königsmühle brachte. Nach der Vertreibung der
einheimischen Bevölkerung verfiel die Mühle und wurde bis auf spärliche Überreste abgetragen.
Quellen:
1) A.Meiche, Ein Mühlenbuch, Dresden 1927
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Dokument vom 20.11.98