Wenn man am heutigen Grenzübergang für Wanderer und Radfahrer an der Rosenthal-Schneeberger Straße von Sachsen nach Böhmen kommt, kann man einige hundert Meter hinter dem Schlagbaum, kurz nachdem die Grenze nach rechts in den Wald abgebogen ist, rechts der Straße zwei flache mit jungen Bäumen bewachsene Hügel entdecken. Diese sind die letzten Reste des einstigen Zollhauses und des Gasthauses "Zum Waldhaus", das einst hier zur Einkehr einlud.
Im Gegensatz zu anderen einstmals oft besuchten touristischen Zielen in der Böhmischen Schweiz schweigt die Literatur weitgehend zum Waldhaus und so sind nur wenige Fakten überliefert.
Im Jahre 1756, zum Beginn des Siebenjährigen Krieges, wurde das Waldhaus als Forsthaus und Wohnung eines Waldhegers erbaut. Knapp hundert Jahre später, im Jahre 1844 wurde nördlich davon das Zollhaus erbaut und das seit 1750 in Hinter-Schneeberg befindliche Grenzzollamt hierhin verlegt.
Warum das Zollamt 1844 dorthin verlegt wurde verrät uns eine Beschreibung der Friedrich Graf von Thun-Hohensteinschen Domaine Tetschen von 1880. Zur Thunschen Herrschaft gehörte auch "die von Weiher-Obergrund durch die Orte Peiperz, Kalmswiese, und die Reviere Peiperz, Bodenbach, Bünauburg, Christianenburg, und Schneeberg bis an die Grenze des Königreiches Sachsen führende 12 483 Meter lange Bezirksstraße. Dieselbe wurde in den Jahren 1836 bis 1844 auf Kosten der Domaine mit einem Aufwande von 42 039 fl. 26 kr. [...] erbaut.". Wir können mit einiger Berechtigung annehmen, dass der Bau von Straße und Zollamt zusammen geschah. Seit 1. Juni 1844 wurde für die Benutzung der neuen Straße über einen Zeitraum von 50 Jahren zwischen Kalmswiese und Schneeeberg eine Maut erhoben.
In F.Thals "Wegweiser durch die Sächsische Schweiz" von 1846 lesen wir, dass wir "daselbst Bewirthung, sowie auch für etwa 4 Personen Nachtquartier" finden. Also gab es dort schon vor mehr als 160 Jahren eine (sicherlich bescheidene) Gastwirtschaft und Übernachtungsmöglichkeit.
Der Chronist Focke berichtet uns 1879: "[Schneeberg] Seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts besteht dort ein k. k. Zollamt. Das Amtsgebäude bestand früher in Hinterschneeberg, wurde jedoch im Jahre 1844 mitten in den Wald zwischen Rosenthal und Schneeberg, nächst der dortigen Hegerwohnung und Schanknahrung "zum Waldhaus" gebaut."
Aus der Zeit kurz nach 1900 berichtet der Lehrer Rudolf Dörre in seinen Erinnerungen: "Ungefähr eine halbe Stunde vom Ort entfernt liegt mitten im Walde, hart an der Grenze, das sogenannte "Waldhaus", ein Gebäude, das eine kleine Schenkstube, die Zollstätte und die Wohnung des Leiters dieser Finanzwachabteilung enthält. Der Leiter führte den Titel Respizient. [...] der letzte Meiler war im Waldort "Zweifel" bis 1935 in Betrieb (Hietels Kohlstatt)." Bei dem Waldort Zweifel handelt es sich um den Wald östlich des Waldhauses.
Verschiedene Reiseführer aus der Zeit zwischen 1896 und 1939 erwähnen das Waldhaus (502 m) als Einkehrstätte, meist in Zusammenhang mit dem Zollhaus. Dabei wird das Waldhaus meist als Gasthaus oder Bierschank bezeichnet, kaum als Restauration - es dürfte sich also die ganze Zeit um ein einfaches Gasthaus gehandelt haben.
Zwischen 1928 und 1931 führt der anwachsende Straßenverkehr zu einem Ausbau der Straßen im gesamten damaligen Kreis Tetschen-Bodenbach. Auch die Straße von Bodenbach bis zur Grenze bei Schneeberg wird in diesen Jahren ausgebaut und asphaltiert, es gibt einigen Grund zu der Annahme, dass die heute stark verfallene Straßendecke auf dem Weg von der Grenze in Richtung Schneeberg noch aus dieser Zeit stammt. Damals besaß diese Straße auch eine überregionale Bedeutung, denn die Elbtalstraße zwischen Tetschen und Schmilka wurde erst 1938/39 gebaut. Seit 1934 fuhr der Autobus von Dresden nach Schneeberg am Waldhaus vorbei, 1936 wurde diese Linie bis Tetschen-Bodenbach verlängert. Zu dieser Zeit bewirtschaftete die Familie Püschel das Waldhaus.
Interessant ist vielleicht, dass der Meinholdsche "Führer durch die Sächsisch-Böhmische Schweiz" von 1939 nur das Zollhaus erwähnt, jedoch kein Gasthaus. War das Gasthaus zu dieser Zeit schon eingegangen ? Wir können an dieser Stelle nur spekulieren.
Nach dem zweiten Weltkrieg, der anschließenden Grenzschließung und der Vertreibung der sudetendeutschen Bevölkerung aus ihrer Heimat wurden das Waldhaus und das Zollhaus schließlich abgerissen und so finden wir heute nur noch die schon anfangs erwähnten Trümmerhügel an diesem Ort.
weitere Quellen:
- A.Herr, Heimatkreis Tetschen-Bodenbach, Städte und Gemeinden, Nördlingen, 1977/1993
- R.Lodgman, E.Stein, Elbestädte Tetschen, Bodenbach und Bezirk Tetschen, Berlin, 1931
- J.Rotter, Der hohe Schneeberg, Sonderheft 1938
- Provinzial-Gesetzsammlung des Königreichs Böhmen für das Jahr 1844, Prag 1845