Auf einsamen Wegen zum Großen Zschirnstein


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Im Unterschied zu den Wandervorschlägen vergangener Hefte soll uns diese Wanderung in das linkselbische Gebiet der Tafelberge führen. Der Große Zschirnstein ist der höchste Berggipfel (562 m ü. NN) im sächsischen Teil des Elbsandsteingebirges.

Unser Ausgangspunkt soll die Bahnstation Schöna an der S-Bahnstrecke Dresden-Schöna sein. Autofahrer können im Dorf Schöna parken und von dort ins Elbtal zum Bahnhof hinunterlaufen. Für die Wanderung ist festes Schuhwerk sehr empfehlenswert, da die Wege stellenweise feucht sein können. Für die komplette Wanderung sind reichlich sechs Stunden Wegzeit einzuplanen.

Die Wanderroute dieses Wandervorschlages (Karte: A.Rölke)

Am Bahnhof der 1851 eröffneten Bahnlinie Dresden-Bodenbach (heute Decin) unterqueren wir zunächst die Gleise, um dann auf dem Fahrweg am Elbufer stromaufwärts zu wandern. Am anderen Ufer sieht man den böhmischen Grenzort Hrensko/ Herrnskretschen, besonders an Wochenenden oft Ziel eines massenhaften Tourismus. Möglicherweise wird es vom Bahnhof Schöna bald wieder eine Fährverbindung nach Hrensko/ Herrnskretschen geben.

Nach etwa 30 Minuten erreichen wir die Landesgrenze an der idyllisch gelegenen Gelobtbachmühle, die bis Mitte der sechziger Jahre als Sägewerk in Betrieb war. Wir biegen hier nach rechts ab. Unter der Bahnbrücke hindurch folgen wir dem Pfad hinter der Mühle den Hang hinauf bis zum Fuß der senkrechten Felswände. Hier wird der Gelobtbach, der die Grenze bildet, in einem Becken angestaut. Rechts neben dem kleinen Wasserfall kann man eine alte Inschrift erkennen: „Schöna-Nidergrunder Gelobtbachwasserfall 18 5/10 56 Wilh. Thodt K.E. Schneider”. Der heutige Name „Gelobtbach” ist nicht mit dem Wort „geloben” verwandt. Vor ca. 200 Jahren wurde der Bach „Klobt Flüsgen” genannt, und noch Ende des letzten Jahrhunderts wird er meist „Klobtbach” geschrieben. Warscheinlich liegt dem Namen das mittelhochdeutsche Wort „klobe” zugrunde, mit dem ein gespaltenes Holzstück zum Vogelfang bezeichnet wurde.

Am Gelobtbach-Wasserfall

Einige Meter weiter rechts vom Wasserfall führt der Pfad bergauf in die enge Schlucht, die der Gelobtbach aus den Felsen herausgearbeitet hat. Hier ist Vorsicht nötig, denn der Weg ist streckenweise sehr feucht und völlig verwachsen, da er selten begangen wird. Nach etwa 500 m (8-10 min) mündet von rechts ein kleines Tal mit einem Rinnsal, dem Schwarzpfützenbach. Entlang dieses Baches müssen wir ein kurzes Stück nach rechts den Talhang hinaufgehen, bis wir auf den stellenweise stark verwachsenen Grundweg stoßen, diesen wandern wir dann nach links weiter aufwärts im Tal des Gelobtbaches.

Im Gelobtbachtal

Nach etwa 50 m ist direkt am Weg eine etwa 1,2 m hohe Felsklippe mit der Inschrift „Korn Marht 1812” zu entdecken. Neben diesem Stein erinnern noch zwei weitere im Gelobtbachtal an einen ausgedehnten Getreidehandel mitten im Walde während des napoleonischen Krieges in den Jahren 1812/13, da damals Österreich die offizielle Getreideausfuhr nach Sachsen gesperrt hatte. Etwa 300 m rückwärts liegt im Wald ein weiterer Stein, der in der Vergangenheit als verschollen galt und erst in der neueren Literatur wieder erwähnt wird. Dieser trägt die Aufschrift „Mähl Marcht 1812”.

Der Mehlmarkt-Stein von 1812

Nachdem wir vom Kornmarktstein etwa 800 m (12 min) weitergewandert sind, mündet von rechts das Tal des Quergelobtbaches ein. Auch dieses Bächlein verschwindet in trockenen Sommern oft. Dieses Tal laufen wir kurz nach oben, bis wir auf den Gelobtweg stoßen. Etwa 20 m rechts befindet sich die Ziskaquelle. Wir biegen aber nach links auf den Gelobtweg ein und folgen diesem weiter in südwestlicher Richtung. Nach knapp 500 m befindet sich direkt rechts am Weg ein etwa 1 m hoher bewachsener Stein mit der Aufschrift „Hinter Korn Marcht 1812” . Weitere sieben bis acht Minuten Fußmarsch führen uns zu einer Wegkreuzung am Hertelsgrundbach, auch dieser ist meist nur ein Rinnsal. Wir laufen geradeaus weiter, nun auf dem Kriegsweg, der ständig ein wenig oberhalb des Gelobtbaches verläuft. Nach knapp 10 min stoßen wir auf einen breiten Querweg, die Alte Tetschner Straße. Wenn man hier kurz nach links geht, stößt man auf die Landesgrenze, diese Stelle wird „Böhmisches Tor” genannt, da an dieser Stelle der Wildzaun, der noch Ende des 19 Jhs. entlang der Grenze verlief, ein Tor hatte. Der Wildzaun grenzte die Jagdreviere der böhmischen Fürsten Thun und Clary-Aldringen gegen Sachsen ab.

Auf der Alten Tetschner Straße laufen wir nun nordwärts (vom Kriegsweg nach rechts), von links mündet bald der breite Gliedenbachweg ein. Nach knapp 5 min steht rechts vom Weg am Fuß einer Eiche ein kleiner Stein mit eingemeißeltem Kreuz und der Jahreszahl 1549. Die Eiche wird „Kreusels Eiche” genannt. Der Sage nach erinnert der Stein an den Sohn des Schönaers Försters Kreusel, der hier 1549 von einem Wilddieb erschossen wurde. Warscheinlich ist der Stein aber noch älter, da er bereits 1548 als „Schechers creutz” schriftlich erwähnt wird.

Wir laufen die Alte Tetschner Straße weiter an einer rund 150 Jahre alten Wegsäule vorbei, bis wir etwa 200 m nach der Wegsäule auf eine größere Wegkreuzung stoßen (rechts eine Schutzhütte). Hier wenden wir uns nach links auf den Zschirnsteinweg. Dieser führt an der nächsten Abzweigung leicht nach rechts, anschließend beginnt der Weg anzusteigen. Bald kommt von rechts unten ein mit einem roten Punkt markierter Wanderweg herauf, dieser Weg zweigt aber wenig später wieder nach rechts ab. Wir wandern jedoch weiter einen Linksbogen hinauf auf das Plateau des Großen Zschirnsteines. Sehr auffällig ist, daß die Gipfelfläche einen fast reinen Birkenwald trägt. Dieser ist wild gewachsen, nachdem der ursprüngliche Fichtenwald einem verheerenden Waldbrand, verursacht durch Truppenteile in den letzten Kriegstagen 1945, zum Opfer gefallen ist.

Die höchste Erhebung des Berges befindet sich direkt an seiner Südspitze. An diesem Punkt stehen eine Schutzhütte und eine Säule der sächsischen Landesvermessung von 1865. Senkrecht fallen die Felswände 80 m bis zum Waldboden ab. Die Sage berichtet von einem „Mittagsspuk”, der sich hier zwischen zwölf und ein Uhr durch heulenden Sturm, krachende Äste und mißtönendes Gekreisch der Vögel bemerkbar macht. Mancher Wandersmann soll mit schlotternden Knien wieder vom Berg herabgestiegen sein. Wer dennoch all seinen Mut zusammennimmt, wird durch eine herrliche Aussicht belohnt; im Osten sieht man Kaiserkrone und Zirkelstein, dahinter die Schmilkaer Felsen und den Großen Winterberg, weiter rechts den markanten Kegel des Rosenberges/ Ruzovsky vrch. Dahinter erblickt man bei klarem Wetter die Berge der sächsischen und böhmischen Lausitz. Im Süden lassen sich im Vordergrund das Elbtal und die ausgedehnte Sandsteintafel des hohen Schneeberges/ Decinsky Sneznik (mit Aussichtsturm) erkennen, weiter entfernt einige kegelförmige Berge des Böhmischen Mittelgebirges. In westlicher Richtung schaut man auf Pfaffenstein und Gohrisch, dahinter befindet sich der Königstein mit seiner markanten Festung.

Der Name „Zschirnstein” wird allgemein als „Schwarzer Stein” gedeutet, vom slawischen „cerny” (schwarz) abgeleitet. Bemerkenswert ist auch, daß direkt auf dem Gipfelplateau ein Basaltdurchbruch zu finden ist. Um diesen aufzusuchen, müssen wir von der Schutzhütte etwa 500 m zurückgehen. Hier zweigt nach links ein Pfad ab. Nahe dieser Stelle ist links vom Wanderweg der Basalt in einem heute sehr verwachsenen Steinbruch aufgeschlossen. Einen Hinweis auf den Ort des Steinbruches geben uns einige alte Buchen. Bei diesem Gestein handelt es sich um einen doleritischen Leuzitbasanit, der nicht in Säulen ansteht, sondern einst langsam in der Tiefe erstarrte und danach durch Abtragung freigelegt wurde. In der Vergangenheit wurde der Basalt zur Gewinnung von Schotter abgebaut.

Wir laufen nun den Zschirnsteinweg zurück bis zu der alten Wegsäule unweit von „Kreusels Eiche”. Dort biegen wir nach links ab auf den mit einem gelben Strich markierten Alten Marktweg. Nach etwa einer viertel Stunde stoßen wir auf einen breiteren Fahrweg, auf dem wir nun weiterlaufen. Etwa 10 min später befindet sich links vom Weg der Kalauschenborn, an dem nochmals gerastet werden kann. Bald kommt eine Linkskurve des Fahrweges, hier laufen wir der gelben Markierung nach geradeaus weiter.

Die Wegmarken führen uns direkt zum Fuß des Zirkelsteines. Wer noch kräftig genug ist, sollte den Fels besteigen, die Rundsicht ist äußerst lohnend. Die Felskrone erhebt sich reichlich 40 m über die Bäume, der Gipfel befindet sich 385 m ü. NN. Der Aufstieg wurde 1842 angelegt, wenig später errichtete man auf dem Gipfel ein Blockhaus, das auch als Sommerwirtschaft diente. Im Jahr 1920 wurde das Haus Opfer eines Blitzschlages.

Vom Gipfel des Zirkelsteines ist schon das nahe Dorf Schöna zu sehen. Die Sage weiß zu berichten, daß Schöna einst im Zschirnsteinwalde in der Nähe der Kornmarktsteine lag. Die Einwohner seien aber schon vor langer Zeit an den heutigen Ort umgezogen, weil es dort so „schön” sei. Wahr ist aber eher, daß das Reihendorf zur Zeit der Ostkolonisation am heutigen Ort als Siedlung „in der schönen Aue” gegründet wurde. Im Jahr 1379 wird es erstmals schriftlich als „Schonaw” erwähnt.

Etwa 20 min Fußweg führen uns von der Ortsmitte zurück ins Elbtal zum Bahnhof Schöna, unserem Ausgangspunkt.

Genaues Kartenmaterial für die Gegend um die Zschirnsteine ist rar, am ehesten zu empfehlen sind die „Topographische Karte von Sachsen - 1:25000” , Blatt 45 Sächsische Schweiz/ Bad Schandau, Sebnitz (mit einigen Mängeln im Bereich des Gelobtbachtales), die „Wanderkarte Sächsische Schweiz - 1:30000” vom früheren Tourist-Verlag und die Karte „Sächsische Schweiz - 1:40000” von Rolf Böhm (dieser Karte fehlen allerdings aufgrund des Maßstabes einige Details).

Cornelius Zippe (Veröffentlicht in: Sächsische-Schweiz-Initiative, Heft 8, Sommer 1994, S. 41-44)


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7.4.98