herausgegeben von Dr. Waldemar Pfeilschmidt, Verlag Bernhard Hartung, Dresden 1922
Sonntag den 27. August 1893, mit Weidenbach, Böhme und Friedrich Meurer nach Herrnskretschen, von wo wir nach Schmilka und weiter zum Lehnweg wanderten; über diesen hinauf. Dann bogen wir links ab zu den Türmen am Bösen Horn. 1) Zuerst stiegen wir auf einen schon früher von mir und Klimmer gemachten Felsturm, der erhebliche Schwierigkeiten nicht bietet. 2) Nun hinüber zu dem schon einmal vergeblich versuchten Turm mit der Traversierstelle, der den Namen "Böser Turm" erhält. Ich mache den Quergang, der zum Schlimmsten gehört, was die Sächsische Schweiz überhaupt dem Kletterer bietet als erster, dann folgt, von beiden Seiten gehalten, Meurer. Vom Ende des Querganges bis zum Gipfel des Turmes sind dann noch etwa 5 Meter Kletterarbeit. Böhme und Weidenbach werden mehrfach über die Wand hinaufgezogen. Es war die erste Ersteigung des Turmes. - Wir deponierten unsere Karten auf dem Gipfel. - Das Wetter wird bald abscheulich, ein starker Regenguß bricht los; eilends geht es den Turm hinunter. An einem Eisenstift lasse ich mich über die Wand hinab direkt zur Vorderseite des Turmes. Dann steige ich, da sich das Seil verhängte, nochmals zur Höhe hinauf und zwar direkt. So finde ich noch einen zweiten Anstieg 3), der allerdings im unteren Teil nur mit Unterstützung zu machen ist.
Sommerwand. Erste Begehung des Gratweges.
Sonntag, den 3. September 1893. Nach der Ersteigung des Goldsteins auf dem Nordweg 4) (erste bekannte Begehung), Rast am Fuße der Nordwand des Goldsteins. Dann auf dem Goldsteig ein Stück hin bis zur Einmündung einer der Pechschlüchte. Durch diese zur Zschandstraße, die wir bis zur Sommerschlucht verfolgen. Nach kurzer Rast zur Sommerwand. Der Angriff erfolgt von Westen. Von einer kleinen Plattform aus stemmt man sich auf die Nordseite und umgeht aus ganz schmalem Bande den ersten Kopf in der Nordwand. In Kletterschuhen gestaltete sich dies zu einer heiklen Sache. Nun hielten wir uns immer auf meinen Rat hin auf der Südseite. Einige rasenbewachsene Stellen sind nichts weniger als sicher und angenehm. Der Gipfel selbst wird durch einen engen Riß erstiegen, in dem man noch Spuren vom Meißel traf. Oben ein Email-Edelweiß an eiserner Stange, auf dem die Worte "C. Beck 16. V. 1886". Ich malte unsere Initialen auf einen Stein und deponierte die Karte. - Im Abstieg hielten wir uns immer an den Grat, ein Weg, der sich als leichter und sicherer erwies, als die Anstiegsroute. Sodann ließ ich, um das Band zu vermeiden, die übrigen Teilnehmer der Partie in die Kluft zwischen unserem Berge und der vorerwähnten Plattform hinab und seilte mich selbst am Seilring dahin ab. Von dort wurde ich von den übrigen, die sich mittlerweile zur Plattform hinaufgearbeitet hatten, auf diese hinaufgezogen.
Mit Fritz Böhme Sonntag, den 12. November 1893, nach Königstein, von dort mit Wagen nach der Schweizermühle. Unser Ziel war der früher Schusterturm getaufte Gipfel. Vorher stiegen wir auf dessen östlichen Vorturm, der sich zwischen Schusterturm und Prinz-August-Stein befindet. Dann hinüber zum Schusterturm. Diesen gemacht! Es liegt schon ein halber Zentimeter Schnee auf den Bändern. Ich stieg voran und holte dann Böhme nach, nur an der untersten Stelle, die auch ich nicht ohne Unterstützung machte, gezogen. Wir deponierten ein Fremdenbuch in Blechhülse. Es war die zweite Ersteigung des Turmes, der auch jetzt noch nach meinem Urteil der schwierigste in der Sächsischen Schweiz ist (NB. die Traversierstelle am Bösen Turm ist gefährlicher!). Hierauf gleich abgestiegen, wobei wir uns über den obersten Turm abseilten und auch die untersten Partien abseilend überwanden. Das Seil verhängte sich an der Kiefer, an der ich abgeseilt; ich konnte es nur unter großer Mühe, indem ich nochmals bis zur Kiefer hinaufkletterte, wiedererlangen.
Mönchstein auf dem Ostwege.
Donnerstag, den 28. Dezember 1893, mit Conrad und Friedrich Meurer bei schönem, aber ziemlich kaltem Wetter nach Rathen. Dort gleich zum Jungfernstein, wo zunächst eine kleine Frühstücksrast gehalten. Gegen 9 Uhr erfolgte der Anstieg. Wir fanden einen neuen Anstieg, zugleich war es die erste Ersteigung des Felsens ohne künstliche Hilfsmittel: Zuerst die lange Schlucht in der Richtung von Ost nach West durchklettert bis zu ihrem höchsten Punkte. Nun kommt das schwierigste Stück. Man traversiert über eine glatte, exponierte Stelle scharf aufwärts nach rechts (Norden). Diese Kletterei brachte uns in einen Kamin, der wirklich von unheimlicher Engigkeit ist. Ich entledigte mich des Rockes und der Weste. Die ersten paar Schritte muß man ganz auf der Außenseite des Kamins machen, später ist es möglich, in denselben hereinzugehen. Nachdem ich etwa 20 Meter schwer kletternd zurückgelegt hatte, wurde der Kamin ganz breit. Es folgten die beiden Meurers, die sich durchs Seil gesichert, fast immer auf der westlichen Kante des Kamins hielten. Ich querte nun horizontal durch den Kamin und erklomm eine kleine Rinne ohne Schwierigkeit. Diese erstiegen, sahen wir auf die Wege von Kappmeier und Ufer hinunter, die durch eingekeilte Eisenstifte und Holzpflöcke deutlich erkennbar sind. - Nun folgen noch einige steile Absätze, dann ist der Gipfel des Jungfernsteins erreicht; es befinden sich auf demselben zwei Eisenstangen; an der einen ist eine Jungfrau aus Eisenblech befestigt. Die Kälte, welche sich bei unserem dekolletierten Zustande sehr fühlbar machte, erlaubte nur einen ganz kurzen Aufenthalt auf dem Gipfel, wir stiegen daher eiligst wieder ab. Der Kamin wurde gut überwunden, über das letzte Stück vor der Schlucht ließen wir zuerst Meurer senior (Conrad) hinab, wir beiden andern bemühten uns dann, am Ende des Kamins oberhalb der schwierigsten Stelle einen Eisenstift einzutreiben. Über diese Stelle wurde Meurer junior herabgelassen, ich seilte mich am Stift ab. Nach Durchsteigung der Schlucht vereinten wir uns alle wieder am Jungfernloch. Ein Waldarbeiter war zum Teil Zeuge unseres Abstieges. Vom Jungfernstein begaben wir uns zum Mönchstein. Dieser wurde von Osten angegriffen. Eine lange Schlucht vermittelt den Aufstieg in der Richtung von Ost nach West. Zwei schwierige Stellen sind dabei zu überwinden, die letzte davon ist die schlimmste. Man klettert an der ganz glatten Kaminwand. Ich trat hier einen Augenblick aus der Schlucht heraus und überwand das letzte Stück seitlich kletternd außerhalb der Schlucht mit Meurers Unterstützung. Sodann sind die Schwierigkeiten zu Ende; nur noch eine Stelle ist etwas exponiert, dicht vorm Gipfel, der vom Westen her erklettert wird. Auf der Spitze wurde neben der Figur des Mönchs eine rosafarbene Fahne aufgepflanzt, die wir noch am 31. Dezember flattern sahen. In einer Nische unterhalb des Gipfels fanden wir verschiedene Karten in einer Flasche. Den Abstieg wollten wir gegen Westen nehmen, gaben aber den Versuch schließlich auf, da wir uns sehr weit hätten abseilen müssen. Der Abstieg wurde also auf dem Anstiegswege gemacht, dabei machte ich den Pickel kaput, den ich dummerweise vorauswarf.....
Sonntag, den 28. Januar 1894, früh 6 Uhr 50 Min., mit Friedrich und Conrad Meurer nach Schandau. Da die Dampfschiffverbindung unterbrochen, mußten wir mit dem Omnibus nach Schandau über die Brücke fahren. Wir wanderten dann durch Postelwitz nach dem Schießgrund und weiter zum Fuß des Vorderen Torsteins. Nach einer Frühstücksrast stiegen wir in östlicher Richtung durch den kurzen Kamin auf in die Scharte zwischen Vorderem Torstein und dem nordnordwestlich von diesem gelegenen "Meurerturm". Diesen angegriffen! Die untere etwas überhängende Wandstufe überwand ich mit Hilfe Friedrich Meurers. Nun Einstieg in einen ganz engen Kamin, der das schwierigste Kletterstück war, das ich bis dahin gemacht. Seine totale Höhe beträgt etwa 15 Meter. Man kann nur eine Hand und ein Bein in den Spalt klemmen, der sich zudem oben etwas biegt. Mit unendlicher Anstrengung schob ich mich, von Friedrich Meurer aufs nachdrücklichste unterstützt, in die Höhe. Ist der Kamin überwunden, so gelangt man auf eine Art Schulter, die dem Gipfel östlich vorgelagert ist, durch einen 4-5 Meter hohen Spalt. Von hier aus geht es durch einen weiteren Spalt hinan zum Gipfel, der aus drei etwa gleich hohen Felsen besteht. Auf dem höchsten wurden einige Steine aufeinander geschichtet und ein Blaustift zurückgelassen. Der Abstieg vollzog sich auf der Anstiegsroute, ohne daß einmal Gelegenheit geboten gewesen wäre, sich abzuseilen. Der Gipfel erhielt den Namen Meurerturm; es war heute die erste Ersteigung, nachdem vorher zwei Versuche abgeschlagen worden waren. -
1) Soll wohl heißen "Breites Horn". Das "Böse Horn" liegt bekanntlich in der Nähe des Goldsteins.
2) Es ist nicht mit Sicherheit zu sagen, welcher Fels hier gemeint ist. Vielleicht die Lehnkuppel ?
3) besser "Variante".
4) Die Wegbeschreibung bietet nichts Besonderes.